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Die Zukunft der Elektromobilität heißt leider: weiter wie bisher

Vor einiger Zeit sagte mir ein umweltbewusster Bekannter, dass doch Elektro-Autos eine gute Sache seien, denn „jeder Stinker weniger auf den Straßen bedeutet bessere Luft!“ Dem konnte ich augenblicklich nicht widersprechen, denn diese Aussage ist in sich richtig.

Außerdem verursachen E-Fahrzeuge viel weniger Lärm als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Die Kampagne der Stadt Tübingen, die lauten verbrennungsmotorbetriebenen Zweiräder mit Hilfe einer Abwrackprämie in E-Zweiräder umzutauschen, ist eigentlich eine gute Sache!

Zweifel bestehen allerdings, wenn beim Stromverbrauch der E-Autos das Wort vom Ökostrom die Runde macht. Da unser Stromnetz zu Recht ein Verbundnetz ist, wird, egal von welchem Anbieter die Leistung bezogen wird, der gleiche Anteil an Kohle-, Atom- oder sonst wie erzeugtem Strom verbraucht. Deshalb verkehren die Elektroautos auch nicht umweltfreundlich oder gar wie ein Perpetuum Mobile, obwohl man beim Lesen der Berichte über die Elektromobilität, bei nicht kritischer Betrachtungsweise, davon ausgehen könnte. Natürlich tun die Anhänger der Automobilität ihr Übriges dazu und wollen damit verhindern, dass schon wieder in ihre Suppe gespuckt wird. Die bereits bestehenden Alternativen im öffentlichen Verkehr werden oft und gerne ausgeklammert und einfach totgeschwiegen. Dabei fahren elektrische Bahnen und O-Busse viel effizienter als E-Autos. Auch wenn sich das Hirngespinst, die Batterien der Autos als Zwischenspeicher für Angebotsspitzen zu verwenden, durchsetzen könnte, haben wir im Energiesektor nichts gewonnen. Stationäre Batterien als Zwischenspeicher wären wesentlich effektiver und vor allem preisgünstiger.

Helmut Holzapfel, Verkehrswissenschaftler in Kassel, und Wolfgang Lohbeck, langjähriger Autoexperte bei Greenpeace, schreiben in der Zeitschrift mobilogisch vom November 2016: „Das „Elektro“-Label wird zum Freibrief für fast alles, dessentwegen Autos zu Recht in Verruf sind.“ Dabei wird der Begriff Elektro einfach zum Alibi für ein „Weiter so“, statt endlich die überfällige Verringerung des Autoverkehrs mit einer nachhaltigen Mobilität des Miteinanders anzugehen.

Ein großes Problem der individuellen Mobilität ist der ungeheure Flächenfraß. Dies war in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder ein Hauptkritikpunkt am MIV. Im Zuge der Diskussion um die E-Autos hört man davon immer weniger, als ob sich unsere Gesellschaft mit diesen riesigen Straßenschneisen und Megaparkierungsanlagen abgefunden hätte und als ob E-Autos keine Straßen, Brücken, Tiefgaragen und Parkhäuser bräuchten!

Wird der Autoverkehr einfach so 1:1 von fossilen Treibstoffen auf Elektroantrieb umgestellt, dann haben wir verkehrstechnisch überhaupt nichts gewonnen. Es wird weiterhin der Individualverkehr bevorzugt werden mit vielen versteckten Subventionen durch die Allgemeinheit. Da dies selten thematisiert wird: Für jede neu zu bauende Immobilie müssen Parkplätze geschaffen werden, die von allen bezahlt werden, nicht nur von den Autobesitzern. Wer Einkäufe tätigt, zahlt anteilmäßig die Kosten für die Parkplätze mit, egal mit welchem Verkehrsmittel er anreist oder ob er zu Fuß kommt. Alle, die kein Auto haben, und alle, die bewusst aufs Auto- und Motorradfahren verzichten, müssen sich mit einem ÖV begnügen, der angesichts der Sparmaßnahmen der öffentlichen Haushalte leider in jüngster Zeit an Qualität verliert.

Sicherer wird der E-Autoverkehr ebenfalls nicht. Der Rückgang an Verkehrstoten wird zwar weitergehen, aber nicht wegen der Änderung der Antriebssysteme oder weil wir Geschwindigkeitsbegrenzungen bekommen, sondern weil immer mehr technische Sicherungsmaßnahmen eingeführt werden. Für den Autoinsassen eine gute Sache, weniger aber für die nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer. Diese müssen weiterhin auf extra Furten die Straßen überqueren, müssen oft Umwege in Kauf nehmen, wollen sie sich sicher fühlen. Bei Dunkelheit wird von diesen gefordert, möglichst helle Bekleidung mit Leuchtstreifen oder Leuchtwesten zu tragen. Und die Kinder werden immer länger von ihren Eltern zum Kindergarten oder in die Schule gebracht, weil diese Eltern zu Recht Angst um ihre Kinder vor dem Straßenverkehr haben.

Zum Schluss ein Zitat des leider viel zu früh verstorbenen Gründers der AG Verkehr der BUZO, Johannes Lotter: „Eigentlich kann es mir egal sein von welcher Art Auto ich umgefahren werde!“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Gerhard Stolz

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/17

Stand des Artikels: 2017! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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